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Minus-Archiv-Visionen 2008

November 2008

Stefanie Roenneke, Freitag, 28 November 2008, 17:33 Uhr

Asymmetrien.

Auf der Liste zu der Frage "Welche Alltagstätigkeiten machen Sie glücklich?" belegt "Pendeln" den letzten Platz. Das Mittelfeld besetzen, mit der Note befriedigend, "Einkaufen und Essen". Spitzenreiter ist "Sex". Mit dem Wert 4,7 auf einer Skala von 1 bis 10.

Weitaus mehr als Zahlen!

Zahl der richterlich bewilligten Anträge für Lauschangriffe auf Terrorverdächtige in den USA im Jahr 2007: 2370. Zahl der richterlich abgelehnten Anträge für Lauschangriffe auf Terrorverdächtige in den USA im Jahr 2007: 3

Weitaus mehr als Zahlen!

Ich pendle 3 Mal in der Woche. 6 Mal laufe ich an einem BKA-Plakat vorbei. Tatverdächtig. Terrorismus. Das Plakat hängt mal links, mal rechts von mir. Oftmals halte ich eine Zeitschrift in der Hand.

Von Glück war an jenem Tag nicht die Rede.

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Stefanie Roenneke, Montag, 24 November 2008, 14:42 Uhr

Ursache und Folge.

 

[Mehr]: "In den Briefen 'Über die ästhetische Erziehung des Menschen' versucht Schiller zu erklären, warum die Französische Revolution gescheitert ist und Frankreich nicht die versprochene Humanität gebracht hat."

"Auch wenn es Leitgedanken der Aufklärung waren, die 1789 realisiert werden sollten - Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, also demokratische und humanitäre Werte - wurden sie doch mit totalitären Praktiken installiert. Goethe und Schiller etwa reagieren auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner in Paris mit der Absicht, den Absolutismus auf dem Kunstweg zu einer modernen Gesellschaft zu wandeln." (Jeßing/Köhnen, 2003.)

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Wolfgang Welsch am Mittwoch, 26 November 2008, 18:23 Uhr:


Stefanie Roenneke, Donnerstag, 20 November 2008, 17:59 Uhr

Gedenktafel.

Als ich die Karl-Marx-Allee zwischen Frankfurter Tor und Alexanderplatz hinter mir gelassen hatte, wünschte ich immer weiter gehen zu können, immer weiter, bis zu einer leeren Fläche Baugrund. Doch meine Beine und Augen wurden bereits am Strausberger Platz müde. Am Kino International brannten sie wie Zunder. Mein Marsch wurde nach und nach zum Gang. Überzeugung erstarrte zur Apathie.

Ich habe mich in den vergangenen 45 oder 60 Minuten verloren.

So war unter mir, neben mir, immer nur die Karl-Marx-Allee - war Stalin-Allee ist Karl-Marx-Straße - überall, nur die Kandelaber sind selten so hoch wie hier: Aus dem Fenster im ersten Stock winkt meine Mutter mir zum Gruß, bevor sie weiter Fenster putzt. Es ist Samstag. Ich kehre von der Schule heim. Ein Standbild in der Erinnerung:

Durch das Fenster im ersten Stock winkt meine Mutter mir zum Gruß, bevor sie weiter Fenster putzt. Es ist Samstag. Ich kehre von der Schule heim. Es ist Samstag. Ich kehre von der Schule heim. Durch das Fenster im ersten Stock winkt meine Mutter mir zum Gruß, bevor sie weiter Fenster putzt.

In Gedanken stehe ich schon im nächsten Tag, dort, wo ich auch sein werde: Hinter mir ein blauer Baucontainer, vor mir eine Lücke mit einzelnen Stücken aus Beton, Stockwerken und einsamen Treppenhäusern, die ins Nirgendwo ragen. Reste, Ruinen, die nicht zeigen, dass dort einmal Leben herrschte, sondern die Leere der Geschichte offenbaren - jene Show an sich.

Und so stelle ich mir den Platz als beschriftete Lücke vor, jenseits aller Debatten und Lobbyisten:

"Hier, an diesem Ort, [...]."

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Stefanie Roenneke, Montag, 17 November 2008, 15:43 Uhr

Shrinking City or On Beauty of Statistics

shrink: verb (past shrank; past part. shrunk or (especially as adj.) shrunken) 1 become or make smaller in size or amount; contract. 2 (of clothes or material) become smaller as a result of being immersed in water. 3 move back or away in fear or disgust. 4 (shrink from) be averse to or unwilling to do.

Moving Data Detroit from 1kilo on Vimeo.

Moving Data Detroit from 1kilo on Vimeo.

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Stefanie Roenneke, Sonntag, 16 November 2008, 18:05 Uhr

Paradigmenwechsel

"Sleep Angel used to hold the jaw closed in a orthodontic
or Sleep Apnea appliance at night."

Der Paradigmenwechsel, jene manifeste Änderung des Blickwinkels, der Fragestellung oder des Untersuchungsgegenstandes innerhalb eines wissenschaftlichen Feldes - zum Beispiel iconic turn, linguistic turn, spatial turn, semiotic turn, cultural turn, postmodern turn, visual turn, performative turn, sensual turn und ethical turn - hat den Alltag erfasst oder genauer: das Verhältnis zum Schlaf. Erschien der Akt des Schlafens einst uncool bis überschätzt, denn als Mode galt das Aufbleiben, Durchhalten und Durchmachen, tritt er jetzt als das alltägliche Ziel in Erscheinung - nicht nur körperlich. Jede Handlung ist Teil der Teleologie, um ein frühes Zubettgehen und Einschlafen zu ermöglichen - beginnend mit dem Aufstehen. Das Liegenbleiben ist Maßstab. Sätze wie "Ich habe gestern 16 Stunden geschlafen.", werden nicht nur privat und öffentlich gesprochen werden, sondern populär sein.

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Stefanie Roenneke, Samstag, 15 November 2008, 16:31 Uhr

In The Press.

"The instructor said,
Go home and write
a page tonight.
And let that page come out of you--
Then, it will be true."

Obama sei Präsident sei Lincoln sei Kennedy sei King sei the end of white world supremacy sei der Faktor X ist eine Variable ist nicht der Fänger im Roggen, ist nicht, ist nicht, Newton, Seale, radical, wurde nicht, und Q-Tip hat ein neues Album, das "The Renaissance" heißt, aber Harlem Renaissance sei gestern.

"It was a long time ago.
I have almost forgotten my dream."

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Stefanie Roenneke, Dienstag, 11 November 2008, 17:15 Uhr

studium & punctum

"Aus studium interessiere ich mich für viele Photographien, sei es, indem ich sie als Zeugnisse politischen Geschehens aufnehme, sei es, indem ich sie als anschauliche Historienbilder schätze: denn als Angehörige einer Kultur (diese Konnotation ist im Wort studium enthalten) habe ich teil an den Figuren, an den Mienen, an den Gesten, an den äußeren Formen, an den Handlungen." (Barthes, Die helle Kammer, S. 35 f.)

"Das zweite Element durchbricht (oder skandiert) das studium. Diesmal bin nicht ich es, der es aufsucht (wohingegen ich das Feld des studium mit meinem souveränen Bewußtsein ausstatte), sondern das Element selbst schießt wie ein Pfeil aus seinem Zusammenhang hervor, um mich zu durchbohren. [...] Das zweite Element, welches das studium aus dem Gleichgewicht bringt, möchte ich daher punctum nennen; den punctum, das meint auch: Stich, kleines Loch, kleiner Fleck, kleiner Schnitt - und Wurf der Würfel. Das punctum einer Photographie, das ist jenes Zufällige an ihr, das mich besticht (mich aber auch verwundet, trifft)." (Barthes, Die helle Kammer, S. 35 f.)

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Stefanie Roenneke, Montag, 10 November 2008, 14:05 Uhr

Verluste: bei der Grundsanierung gefunden

Am 19. Oktober 2008 habe ich einen Eintrag mit dem Titel/Untertitel "Verluste: bei der Grundsanierung verloren", eingestellt. Gezeigt wurden zwei Stühle, die das Bild der Ruhr-Universität jahrzehntelang prägten, jetzt ausrangiert, verkauft oder weggeschmissen werden: der SE 68 von Eiermann und der Bofinger-Stuhl (2 Stück für 10 Euro).

Ein paar Tage später unterhält mich folgende Nachricht, die aus einem silbernen Radio der Marke Medion schallt:

"Seit einigen Monaten beschäftigt sich der 47-Jährige mit 42 Portmonees, die fast alle im Bereich der 1962 gegründeten Ruhr-Universität Bochum gestohlen worden sind. Handwerker hatten die Geldbörsen dort Anfang April in einer Zwischendecke gefunden. Bei den nachfolgenden Ermittlungen stellte sich heraus, dass zwei Portmonees bereits 31 bzw. 33 Jahre dort gelegen haben. Die meisten waren zwischen zehn und zwanzig Jahre dort deponiert. Nur einige wenige "beherbergten" schon Euros und nicht die guten alten Pfennige bzw. Groschen."

Danach, nur in meinem Kopf, kurze gedankliche Einschübe, gelegentlich Bilder, aber immer alles ohne Ton und Geruch: Trockenböden, Keller, Nähzimmer, Kabuff, tapezierte Wandschränke, Bettkästen, Lüftungsschächte, unter den Dielen, unter der Treppenstufe, im Sekretär, ohne Schlüssel, in der Truhe, ohne Schlüssel, die Revisionsklappe an der Badewanne und letztendlich ein Beispiel: der eingemauerte Tabak in dem ersten Haus meiner Eltern.

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Stefanie Roenneke, Sonntag, 09 November 2008, 18:29 Uhr

Performanz.

John L. Austin versteht in 'How to do things with words' unter Performanz 'Sprechverwendungen', bei denen "durch das Äußern bestimmter Worte 'conventional procedures' vollzogen werden". Die Provokation besteht darin, dass sie keine logisch-semantischen Wahrheitsbedingungen haben. Ihre Bedeutung kann nur in Bezug auf ihre Gelingensbedingungen bestimmt werden:

"Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden einen reinen Eid, daß ich über Alles, worüber ich von dem Gerichte befragt worden bin (werde befragt werden), die reine und volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit ausgesagt habe (aussagen werde); so wahr mir Gott helfe!"

"Ich liebe Dich."

"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. (So wahr mir Gott helfe.)"

"Ja, ich will."

"I (Name) do solemnly swear (or: affirm) that I will faithfully execute the office of President of the United States, and will, to the best of my ability, preserve, protect, and defend the Constitution of the United States. (So help me God.)"

"Ich heiße somit Doris."

"Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen, die Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen."

Anmerkung:
"In einer ganz besonderen Weise sind performative Äußerungen unernst oder nichtig, wenn ein Schauspieler sie auf der Bühne tut oder wenn sie in einem Gedicht vorkommen oder wenn sie jemand zu sich selber sagt. Jede Äußerung kann diesen Szenenwechsel (sea-change) in gleicher Weise erleben. Unter solchen Umständen wird die Sprache auf ganz bestimmte, dabei verständlich und durchschaubare Weise unernst (not seriously) gebraucht, und zwar wird der gewöhnliche Gebrauch (normal use) parasitär ausgenutzt."

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Stefanie Roenneke, Freitag, 07 November 2008, 14:54 Uhr

Am anderen Ende der Leine 1

Mit viel Glück und Strategie ein dritter Platz. Dotiert.

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Stefanie Roenneke, Freitag, 07 November 2008, 14:54 Uhr

Am anderen Ende der Leine 2

Um das Preisgeld anzuweisen, brauche ich noch Ihre Bankverbindung! Da
der dritte Platz pari passu vergeben wurde (womöglich von mir nicht
angesagt, aber von der Jury vermerkt), muss ich die 200 Euro auf Sie und Frau M. aufteilen.

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Stefanie Roenneke, Freitag, 07 November 2008, 14:53 Uhr

Am anderen Ende der Leine 3

Obwohl ich mich natürlich über den geteilten dritten Platz sehr freue, auch wenn mir das durch Ihre E-mail erst bekannt gemacht wurde, halte ich eine solche Mitteilung eine Woche nach der Veranstaltung für etwas verspätet.

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Stefanie Roenneke, Freitag, 07 November 2008, 14:53 Uhr

Am anderen Ende der Leine 4

... sollte irgend Misstrauen der Grund für diesen Einwurf sein, so fragen Sie die Jurymitglieder, die gemeinschaftlich ausgezählt haben.

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Stefanie Roenneke, Dienstag, 04 November 2008, 18:15 Uhr

teil zu werden, dieser enormen, unschlagbaren macht.


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Barack am Mittwoch, 05 November 2008, 12:09 Uhr:
Sehr geehrter Ingo Niermann,
könnte man eines der Gewehre eventuell als Kunstobjekte kaufen?
Signiert und mit Promomaterial (Veranstaltungsflyer/ Plakat) bei?
Wenn, was würde eines kosten und könnte man das für MEhrkosten (?) versenden oder läuft das über Deine/eine Galerie?

John am Donnerstag, 06 November 2008, 10:02 Uhr:
Das ist für 100 Euro alles möglich. Die U.S. Rifles liegen wunderbar in der Hand. Wende dich am besten direkt an mail@zern-berlin.com. Dein John

George am Freitag, 07 November 2008, 12:47 Uhr:
... was haben die Holzgewehre denn für eine Auflage? G.W.

John am Freitag, 07 November 2008, 15:34 Uhr:
@ G.W. Bitte alle Anfragen direkt an die Galerie ZERN
www.zern-berlin.com / mail@zern-berlin.com

barack am Freitag, 07 November 2008, 15:40 Uhr:
im Ständer stehen 30
eines davon ist mir.

G.W. am Samstag, 15 November 2008, 12:56 Uhr:
http://www.taz.de/regional/berlin/tazplan-kultur/artikel/?dig=2008%2F11%2F12%2Fa0172&cHash=fd1225c73c

barack am Sonntag, 16 November 2008, 16:49 Uhr:
himmel, was für ein pupsiger artikel. echt minusvisionär.

G.W. am Montag, 17 November 2008, 07:55 Uhr:
Die U.S. Army lässt sich nicht aufhalten!