Stefanie Roenneke, Freitag, 31 October 2008, 01:19 Uhr
Berliner Reime
"Ick bin jerührt wie Applemus,
zerfließe wie Pomade,
mein Herz schlägt wie´n Ferdefuß
in meine linke Wade."
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Stefanie Roenneke, Donnerstag, 30 October 2008, 17:06 Uhr
Das Lob der Lücke.
Ich stand vor drei Photographien, aufgenommen von YVA, und dachte an ihr Berufsverbot, ihren Tod im Konzentrationslager, an das erste deutsche Topmodel Karin Stilke und ihren Schüler Helmut Newton. Doch noch viel mehr dachte ich an Gerhard Richters "Betty", die nicht - wie die von YVA portraitierten - zum Betrachter schaut, sondern vielleicht auf ihr zukünftiges Zitat oder einen Zufall, den Tim Eitel mit Öl auf Leinwand festhielt und es "Hamburg" nannte.
Das Gesicht, die wage Metapher für Zeiten und Kulturen, die es zu beschreiben gilt, wie es Broder Christiansen mit seinem Buch "Das Gesicht unserer Zeit" einst getan hat.
Das Gesicht ist und war aber auch unser Gesicht - mit unserer Haut, unseren Mündern, unseren Augenbrauen, mit all dem, was uns ausmacht: kleine Fältchen an den Augen, die ihnen Ausdruck verleihen.
Es - das - ist von so großer Relevanz für Emotionen und Gefühle - für Freude, Überraschung, Angst, Wut, Ekel, Abscheu und Interesse - mehr noch als es jeder abtastbare Schädel vermag.
Wir teilen mit - setzen Zeichen, Symbole und Embleme, die nicht nur interpersonal, sondern auch interkulturell funktionieren.
Unser Lachen ist das Lachen. Unser Weinen das Weinen.
Was passiert nun, wenn das Gesicht fehlt, in einer Welt, in der der schnelle Blick Eindruck erzeugen muss, wenn eine Sekunde genügen muss, um den entscheidenden Klick auf Profilbilder zu provozieren - auf unser Leben als Setcard?
Was nun, wenn das Gesicht - auf dem Bild selbst schon zur Lüge erstarrt - durch die Form vertilgt wird? Wenden wir uns endgültig orientierungslos und irritiert ab, oder schauen wir noch einmal hin, ein einziges Mal, nehmen uns Zeit, nutzen die nicht sichtbare Fläche für eine Vorstellung - von dem und der Einen, die wir betrachten und hoffen auf große Dinge - vor allem in uns?
Es ist eine Chance und große Furcht herrscht in allen Ecken.
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Stefanie Roenneke, Montag, 27 October 2008, 10:56 Uhr
Klassenziele.
Am Freitag, den 24.10.2008, in der Offenen Galerie unter einer S-Bahnbrücke, auf der im 30 Minutentakt, oder kürzer, regelmäßig eine S-Bahn in die 12 Texte zum Thema "Geld schreibt" einfuhr, einbrach, unterbrach; einmal wie bestellt, über die Köpfe hinweg für die Gegenwärtigkeit der Texte sorgte. In den 15-minütigen Pausen fuhr sie gelegentlich zum Klavierspiel mit Gesang, immer öfter aber wurde sie von Applaus begleitet.
Laut Fahrplan, so dachte man sich, müssten die Abstände zwischen den einzelnen Fahrten in der Zeit von 21 Uhr bis 2 Uhr morgens größer werden. Irgendwann fuhr dann auch nichts mehr. Ruhe kehrte ein. Müdigkeit kroch in die Gliedmaßen der Autoren, des Publikums und der Jury. Ein Marathon.
Gegen 22 Uhr, der Betriebsschluss des Verkehrsunternehmens noch in weiter Ferne, fuhr sie mir auch in die Stimme - in den Text, in die Handlung, wohin auch immer - als ich meinen Beitragstext "Scott" vorgetragen habe. Zuvor war ich es nur, die sich ins Handwerk pfuschte, indem ich Seite 1 zu leise ins Mikrofon übertrug. Abwesend war jedoch jene Nervosität, die Momente zerstört, da sie den Köper quält und zu Grunde richtet.
Danach:
Ich hätte gut gelesen.
Ich hätte eine angenehme Stimme.
Ich spräche ein gutes "ch".
Später:
Mit viel Glück und Strategie ein dritter Platz. Dotiert.
Viel später im Traum:
Schiller steht vor mir, sein Zopf weht im imaginierten Wind, und tadelt dieses Mal mich und nicht August Friedrich Bürger. Aber auch ich sei kein populärer Schriftsteller, mahnt er. Sein Haar immer noch im Wind. Ich müsste, meint der Tote, mich erst noch als "aufgeklärter, verfeinerter Wortführer der Volksgefühle" zum Herrn der 'Affekte' machen und ihren "rohen, gestaltlosen, oft tierischen Ausbruch" noch auf den Lippen des Volkes veredeln".
Ich lache leicht verlegen, bedanke mich für den Tipp und drehe mich weg.
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Stefanie Roenneke, Sonntag, 26 October 2008, 09:09 Uhr
JOIN THE U.S. ARMY at ZERN
"Mi mi gat armi."
On October 31 at 6 p.m., Ingo Niermann will open a U.S. Army recruiting office for his first solo exhibition at ZERN. The armed recruits will be deployed at 8:30 p.m. Free drinks.
Once a year on the island of Tanna in Pacific Vanuatu, members of the John Frum cargo cult - shouldering wooden weapons with the letters U.S.A. painted on their chests in red - march in formation to pay tribute to a country in whose abundance they would like to participate in a magical way. Even in Europe, the United States was regarded with great awe after World War II for its wealth, values and culture. Little remains of that today. With its aggressive foreign policy and licentious squandering of money and energy, the U.S. has become the most despised country in the world; its citizens see themselves as hunted by terrorists. Assuming the proper ideological orientation applies, any world citizen can join their coalitions. The U.S. army also operates on a global basis, but joining it requires U.S. citizenship. "Join the U.S. Army" is here to change that.
ZERN will be hosting a U.S. Election party on November 4 at 11 p.m. under the motto "My Country, Right or Wrong". The evening also celebrates the premiere of the recruiting march video.
October 31 to November 15, 2008
Opening: Friday, October 31 / 6 p.m.
Opening times: Tuesday - Saturday / 1 - 6 p.m.
"My Country, Right or Wrong"
U.S. Election party on Tuesday, November 4 / 11 p.m.
ZERN
Heidestraße 46-52, building 6
Berlin Tiergarten, Germany
+49 30 39 88 78 09
www.zern-berlin.com
mail@zern-berlin.com
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Stefanie Roenneke, Freitag, 24 October 2008, 10:48 Uhr
Banksy´s Village Petstore and Charcoal Grill
The Village Petstore and Charcoal Grill
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Stefanie Roenneke, Montag, 20 October 2008, 15:56 Uhr
Lesung.
"Ich stehe am Fenster, mein Blick hängt im Himmel, die Zukunft in den Wolken. Es wurde extremer. Distinktionsversuche, wie Scott immer sagte."
Lesewettbewerb "Geld schreibt" der Literarischen Gesellschaft Bochum
mit Stefanie Roenneke
Stefanie Roenneke, Montag, 20 October 2008, 13:34 Uhr
Systemkompetenz.
"Ich wollte meinen ersten Roman schreiben. Nacht für Nacht saß ich an der Schreibmaschine und trank dabei jedes Mal einen halben Liter Whiskey und zwei Sechserpackungen Bier. Ich rauchte billige Zigarren und tippte und trank bis zum frühen Morgen und hörte mir klassische Musik aus dem Radio an. Mein Ziel waren zehn Seiten pro Nacht, doch ich kam nie zum Nachzählen und konnte erst am nächsten Tag die Ausbeute sichten. Wenn ich aufgewacht war und mich übergeben hatte, ging ich ins vordere Zimmer und sah nach, wie viele Seiten auf der Couch lagen. Es waren immer mehr als zehn. Manchmal lagen 17, 18, 23, 25 Seiten da. Die letzten paar Seiten einer Nacht waren natürlich unleserlich. Ich musste sie entweder neu tippen oder wegwerfen. Nach einundzwanzig Nächten hatte ich meinen ersten Roman geschrieben." (Bukowski: Das Liebesleben der Hyäne)
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Stefanie Roenneke, Montag, 20 October 2008, 10:22 Uhr
Alle machen Fernsehen - selbst das Feuilleton. Aus diesem Grund wird hier ein Gespräch von Andy Warhol und Roman Polanski wiedergegeben. In diesem Auszug wird das eigentliche Problem und die eigentliche Hoffnung angesprochen: die Werbung. Hierbei handelt es sich um einen Beitrag zur aktuellen "Debatte", welche die Einführung einer Qualitätssicherung im Fernsehbetrieb fordert. Die Konversation wurde folgendem Buch entnommen: Andy Warhol. In his own words. London 1991. Hinweis: In Österreich und der Schweiz wird stattdessen die Sendung Teleshopping Österreich bzw. Teleshopping Schweiz ausgestrahlt.
Roman: English television is fantastic, the best. The best! There´s no commercials. Only one channel in England has commercials.
Andy: They´re starting to have a lot more though. I like commercials.
Roman: Oh yeah?
Andy: Because I like it as a whole day. Watching for a day is like watching one movie, a one-day movie. Because you see news, and you see comedy, you see everything. And it´s so great. And the commercials are just as beautiful and they´re...
Roman: Well, I´m not particularly keen when in the middle of Othello, just after they´ve started - started to strangle Desdemona - they sell me Preparation H. (1).
Andy: No! It´s a breather. It makes it even more exciting!!
Fußnoten:
(1) "For prompt, soothing, safe relief of internal and external hemorrhoidal symptoms and anal itching turn to Preparation H®, the leader in hemorrhoidal symptom relief for more than 50 years."
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Stefanie Roenneke, Sonntag, 19 October 2008, 15:19 Uhr
Verluste.
Bei der Grundsanierung verloren
SE 68 von Eiermann
"Bofinger" - Stuhl
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Stefanie Roenneke, Sonntag, 19 October 2008, 11:50 Uhr
Jugendlich süße Vorstadtmanifestation
Ihr plötzlicher Sound ist ihr Manifest. Die vier Jugendlichen sind keine Mitglieder einer Kunst- oder Literaturströmung, einer politischen Partei oder Gruppe. Programmatik, Eindeutigkeit, Plausibilität oder Praktikabilität scheinen für den Außenstehenden fern zu liegen. Es geht ihnen nur um Aktion zwischen zwei Haltestellen, so munkelt man. Sie stellen keine Forderungskataloge. Sie machen soziale Realität.
Wenn sie wüssten, dass ihr Versuch einer Manifestation an einen politisch-militärischen Prätext gebunden ist, würden sie den Passanten entweder schriftlich den Krieg erklären, diesen befürworten, oder doch pausenlos Programmzettel verteilen und Plakate kleben. Es könnte sich auch um einen offenen Brief, ein Credo, Artikel oder Thesen handeln.
Doch ihre Themen und Inhalte hängen als Laute in der Luft. Hier schreit keine Peer Group, sondern jeder für sich. Nur Gelegentlich, immer dann, wenn der MP3-Player im Mobiltelefon zum nächsten Lied springt, zeichnet sich die Sprache durch eine Fülle rhetorischer Verfahren aus.
"Halt´s Maul!"
"Halt´s fester!"
"Fick dich!"
"Fick Ronja!"
andere: Manifesto Marathon (mit Ingo Niermann und Agnés Varda als Kartoffel)
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Jonas am Sonntag, 19 October 2008, 12:50 Uhr:
Der Großkritiker und London-Beauftragte des Umblaetterer Dick van Dique war vor Ort, sagt er.
Stefanie Roenneke, Donnerstag, 16 October 2008, 19:14 Uhr
Screen Test.
Jeden Morgen ein Screen Test.
Auf das Waschen des Gesichts mit Peeling folgt das Duschen des Körpers. Anschließend werden die Zähne geputzt. Nach dem Reinigen der Zahnzwischenräume und 30 Sekunden langem Gurgeln der alkoholfreien Mundspülung, bleibt das Bild stehen. Der Oberkörper wird vom Spiegelschrank gerahmt - ein streifenfreies Triptychon.
Wäre der Spiegel ein anderer, würden wir durch unseren Blick Informationen sammeln, kaum welche senden. Die Gesamtheit der Dauer unseres Blicks würde bei 75% liegen, eine Dauer, doppelt so lange wie beim Sprechen. Doch bei uns selbst verwerfen wir die Schuld unserer neugierigen Augen.
So sehe ich mich, in Beige, mit etwas Blasrosa auf Wangen und Lippen, mit zu viel Grau unter den Augen: die Iris in Blau-Grau auf eben diesem Weiß. Mit zurückgekämmten, nassen Haaren beobachte ich die Abhebung der Schulter vom Oberkörper, der bis zur Brust sichtbar ist; nenne es Definition. Sehe, wie meine Hand am schlanken langen Hals entlangfährt, um zu testen, dass die Lymphdrüsen nicht geschwollen sind, bis diese wieder Man Ray-like auf dem Mund ruht. Kurz stehe ich still.
Ich bin bei all dem weder cool noch hot - nur bloß, blas, bleich.
Zum Abschied - beim Ausschalten der Badbeleuchtung - lächeln wir uns punktgenau gegenseitig zu, mit jenem Lächeln, casten uns gegenseitig für den Tag - parodieren uns, so als ob ein Skelett mit einer blonden Perücke eine 16-Millimeter Filmrolle durch die Kamera laufen lassen würde.
Wir waren mal Stars.
Karl Lagerfeld
Anna Piaggi
Tommy Hilfiger
Screenshots von Youtube
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Stefanie Roenneke, Montag, 13 October 2008, 10:54 Uhr
Synergieeffekt.
"Designerobjekte sind zu einer wichtigen Kommunikationsform geworden. Menschen nutzen Design, um etwas auszudrücken", sagt Alberto Alessi. Die Fliegenklatsche "Dr. Skud" mit dem Portrait des Designers Philippe Starck ist in drei Farben erhältlich und abhängig von der Intention des Käufers zwischen Design, Alltag und Plage gefangen.
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Stefanie Roenneke, Sonntag, 12 October 2008, 13:59 Uhr
Die schweizerische Utopie.
Vergangenen Montag las Christian Kracht im ausverkauften Literaturhaus Köln. Dennoch waren einige Stühle in der Nähe der weiß gekalkten Wände ausschließlich mit Jacken besetzt, denn die Nähe zum Nachbarn - so schien mir, so wurde mir symbolisiert - gehört in die Disko, auf die Tribüne und nicht aufs Parkett.
Als der Autor Seite für Seite seinen Roman "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" erklingen ließ, war mir plötzlich so, als gäbe Christian Kracht mit dieser Geschichte eine alternative Antwort auf die Frage einer Hörerin Frischs.
Wir stellen uns also vor.
Eben dieser andere Schweizer Max Frisch hält am 2. und 4. November 1981 zwei Vorlesungen am City College of New York. Nach der zweiten Vorlesung wird er gefragt, "wie stark seine Schweizer Herkunft, die 'schweizerische' Utopie sein Schreiben beeinflusst habe." Er antwortet: "Sie haben keine Utopie. Gerade in der Schweiz gibt es kein utopisches Denken. Und die Schweiz betrachtet sich ja selbst nicht als eine Utopie, auch nicht als das Paradies, sondern als einen gut funktionierenden Klub, der nicht kritisiert werden möchte." Dann Stille. Dann Räuspern. Dann ein oder zwei Schluck Wasser. Dann wieder Stille. Dann erhebt sich der junge Christian Kracht, fragt seinen Sitznachbarn nach einer Lesebrille und beginnt.
Zwischendrin immer wieder Applaus.
(zitiert aus Mirsky, Mark Jay: Eine Diskussion. In: Frisch, Max: Schwarzes Quadrat. Zwei Poetikvorlesungen. Frankfurt 2008.)
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Über das utopische Verlangen am Sonntag, 12 October 2008, 15:22 Uhr:
Ein sehr guter Text.
Stefanie Roenneke, Samstag, 11 October 2008, 12:12 Uhr
Psychoräume.
Wach doch müde fiel ich nach 30 Kilometern von 137 in einen situationistischen Traum. Erst riefen gefälschte und fehlende Fahrpläne ein wohliges Gefühl von Fremdheit hervor. Zur Wahrung des Unbekannten sprang ich mit leichtem Fuß von Dach zu Dach, die zum Spaziergang hergerichtet waren. Dann beobachtete ich noch schnell Häuser, die sich mit der Sonne drehten, bevor ein bekannter Anblick freilegt wurde: Denkmäler und Gebäude waren durch Graffitis verfremdet, die Untergrundbahn in der Nacht geöffnet und die Tunnel selbst waren durch schwache, an- und ausgehende Lichter erhellt. Dennoch versuchte ich im Rennen zwischen "freischaffenden Künstlern und der Polizei" weiterhin durch edle, tragische, finstere und schauerliche Stadtviertel umherzuschweifen.
Doch plötzlich tönte es aus dem Inneren eines Riesenrads, das in der Mitte eines auch bei Finsternis geöffneten Parks lag: "Ceci pour favoriser la dérive."
Ich erwachte:
No Train Like Home (Video)
"F-train commuters were in for a pleasant surprise this morning, thanks to a "guerilla art" group called the House of Malcontents. The all-female quartet boarded the third car of a train at Coney Island in the wee hours and turned the weathered space into a living room - laying down welcome mats and rugs, hanging flowers from the poles and curtains over the windows, replacing MTA safety posters with paintings and family photos, and turning overhead billboards into mock bookshelves."
Michael Y. Park, New York Magazine
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Stefanie Roenneke, Donnerstag, 09 October 2008, 13:47 Uhr
Post-Edit Notfallpläne
Atelier Van Lieshout: The Horn of Plenty
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Stefanie Roenneke, Donnerstag, 09 October 2008, 13:01 Uhr
Beim Essen eines Apfels.
"Das Leben ist eine absurde Situation.", ich.
"Prekär.", er.
Die Ebene blieb auch nach 20 Minuten kahl. Meine Begleitung fuhr weiter. Die Spiegelung im Fenster deutete Gesichter an. Je nach Umgebung und Straßenbelag mal auf Grün, mal auf Braun und mal auf Grau. Als sich die Nachrichten begannen zu wiederholen, war die neue Elbbrücke zu sehen, die metallisch glänzend über dem Rost der alten thronte. Zur Linken immer noch der ausgeschlachtete Brückenkopf. Dahinter am Ufer - in der Ferne der Wiesen - grüne Gräben, aus denen lautes Lachen in die Luft gedrungen ist. Süßliche Naivität schwebte über der Szenerie. Ich kurbelte das Fenster herunter - unsere Gesichter verschwanden in der Autotür. Ich sah alte Treffpunkte: Parkplätze, Tankstellen, Supermärkte, Ampelkreuzungen, entweihte Kirchen. Musik überall. Auf dem Rücksitz niemand.
"Das alles ist.", ich.
"Ja?"
"Wie beim Essen eines Apfels."
Bald waren wir über dem Fluss.
"Die Erinnerung ist süß und säuerlich.", der Begleiter.
"Der Kern ist schimmlig.",
wieder ich mit Blick zu ihm und gehobenen Mundwinkeln. In seinem Gesicht lag die Andeutung eines absurden, fast Homerischen Gelächters, so als lägen Aphrodite und Ares immer noch im Netz des Hephaistos gefangen.
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Stefanie Roenneke, Mittwoch, 08 October 2008, 20:57 Uhr
Homage to the Square.
Josef Albers Lob der Geometrie ist in der Bildbeschreibung wortlos gefangen, denn in den Köpfen der anwesenden Redakteure springen die Gedanken von Quadrat zu Quadrat, wie Kinderbeine beim Hüpfspiel oder Finger, die über den Grundriss von Mannheim tippen: Vom Schloss bis zu den Planken. Von den Planken bis zum Neckar. Vom Schloss bis zu den Planken. Von den Planken bis zum Neckar. Hin und Her. Von links nach rechts. Von A-Quadrat bis U-Quadrat.
"Eine Formulierung."
"Nur eine."
"Jene!"
Das Problem der Stadt wie auch des Textes ist, dass die Beschreibung der Räume zwischen den Quadraten keine Namen kennt. Sind die Straßennamen immerhin zu Blocknamen mutiert, erschöpft sich die Diskussion über die angemessene Bildbeschreibung im Ziehen einer geraden, sauberen, fast staubfreien Bleistiftlinie.
drei oder vier ineinander verschachtelte Quadrate
drei oder vier ineinander geschachtelte Quadrate
drei oder vier übereinander gelegte Quadrate
drei oder vier ineinander gelegte Quadrate
Vor Redaktionsschluss denken alle an den Geruch frischer, industriell hergestellter Farbe - nummeriert.
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Stefanie Roenneke, Mittwoch, 08 October 2008, 11:21 Uhr
Nonverbale Kommunikation.
"Masked Citizen X provides a refuge for people who are tired of imposed social communication. Its artificial and banal expressions are not intended to express users' real emotion more effectively, rather to screen users' facial expression of their uneasiness therefore to help them pass the situation away: if someone steps up to mask wearer, the mask automatically closes the doors, makes artificial facial expressions and speaks meaningless words on behalf of the user."
Link.
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Jens am Mittwoch, 08 October 2008, 19:53 Uhr:
Merci. Cool.
Stefanie Roenneke, Montag, 06 October 2008, 14:44 Uhr
Unterspülte Ideale.
Blick auf die Nordsee.
Mit unserem carbonfaserverstärkten Kunststoffwagen düsten wir an die künstlich aufgeschüttete Festlandgrenze, wir alle im Inneren verstrahlt vom eingefangenen Glanz elektrischer Herzen. Wir wollten den anderen die Mine vom Papier brechen, die Worte wie Schellack bersten lassen und die Radios mit Bakelitgehäuse zum Schweigen bringen.
So pellten wir den Proviant in Aluminium. Das Wasser gossen wir in Plaste. Unseren Tank und unsere Herzen füllten wir mit fremdem Benzin. Das Haar fest in Ealstomere.
Immer weiter, immer schneller, fuhren wir mit starrer Front Richtung Westen und sturem Heck zur großen Stadt - mit ihren alten zweistöckigen Straßenbahnen, die nur noch rütteln kaum mehr fahren: mit uns, hin und her, zu Operette, Kino und Varieté.
Doch durch die Erinnerung, jene aus der Trägheit resultierende Kraft, die bei krummliniger Bewegung eines Körpers dessen Richtungsänderung zu verhindern sucht, applaudierten wir zum Trost - während die Drehung uns nach außen drückte - noch kurz den Heizern, die vor den höllischen Kesseln der große Schiffe arbeiteten und kehrten um, die Insel auf der Digitalkamera im Blick.
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Stefanie Roenneke, Samstag, 04 October 2008, 19:57 Uhr
Lions and Cannibals.
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Tenzing am Sonntag, 05 October 2008, 14:27 Uhr:
I despise fictional movies with real people.